Was steckt hinter Baby Led Weaning? – Das Basiswissen

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Nach etwa 6 Monaten mit Milchnahrung, ist es für Babys Zeit, auch andere Lebensmittel zu probieren. Bei vielen von uns wurde diese Umstellung klassisch mit „dem ersten Brei“ begonnen. Zuerst nur ein paar Löffelchen, dann langsam mehr und verschiedene Obst- und Gemüsesorten. Die Hauptfrage war, ob die Eltern den Brei kaufen oder selbst einkochen. Seit einigen Jahren ist eine neue Art der Beikosteinführung auf dem Vormarsch: Baby Led Weaning. Was heißt das genau und warum entscheiden sich immer mehr Eltern für diesen Weg?

Wie funktioniert Baby Led Weaning?

Was ist Baby Led Weaning?

Baby Led Weaning beschreibt die breifreie Beikosteinführung, bei der das Tempo komplett dem Baby überlassen wird. Das englische Wort „Weaning“ meint die langsame Entwöhnung eines Babys von der Milchnahrung, bei Stillkindern also das Abstillen. Wenn diese Entwöhnung nun „baby led“ – also vom Kind geleitet – ist, dauert sie in der Regel weitaus länger, ist dafür vermutlich kindgerechter.

Die Grundannahme der Breifrei-Theorie ist jene, dass ein Baby nicht mit fein püriertem Brei ernährt werden muss, sondern selbständig Nahrungsmittel in handlicher Form zu sich nehmen kann. Dem Baby wird daher Fingerfood, anfangs vor allem gedünstetes Gemüse, angeboten bzw. es kann einfach vom Familientisch mitessen. Ob und wie viel von der bereit gelegten Nahrung das Kind zu sich nimmt, wird von den Eltern nicht beeinflusst.

Denn nicht jedes Kind ist mit genau 6 Monaten körperlich und kognitiv bereit, feste Nahrung zu sich zu nehmen. Manche brauchen weitaus länger, manche nehmen das ganze erste Lebensjahr lieber hauptsächlich Milch zu sich. Andere stillen sich relativ schnell, noch in den ersten 12 Monaten von selbst ab. Früher oder später lernt auf diese Weise aber jedes Kind, sich selbst zu ernähren. Damit es in der Zwischenzeit weiterhin gut und ausgewogen ernährt wird, bekommt es weiterhin nach Bedarf die Brust oder erhält Pre-Milch.

Warum machen Eltern das? Zehn Vorteile von Baby Led Weaning

Das hört sich nun recht einfach an – kein Einkaufen oder Einkochen von Brei, kein nervenaufreibendes Füttern, keine Breischlacht. Dafür, das kann man sich leicht vorstellen, machen die Babys vor allem in den ersten Wochen und Monaten eine riesen Sauerei. Sie essen nicht zielstrebig, sondern spielen und matschen viel mit den Lebensmitteln.

Warum also tun Eltern sich das freiwillig an? Tatsächlich hat Baby Led Weaning viele Vorteile für ein Kind:

  1. Weniger Aufwand: Wie gesagt müssen die Eltern sich nicht um eine gesonderte Nahrung für das Baby kümmern. Es wird einmal gekocht und davon etwas für das Baby zur Seite gelegt.
  2. Gemeinsames Essen: Alle Familienmitglieder können gemeinsam essen. Niemand muss vorher oder statt selbst zu essen das Baby füttern. Babys wollen außerdem häufig genau das probieren, was auch Eltern oder Geschwister zu sich nehmen. Das ist mit Baby Led Weaning kein Problem.
  3. Essen ohne Zwang: Breifrei-Kinder essen freiwillig und weil sie bereit dazu sind. Es entwickeln sich keine nervenaufreibenden Machtspielchen um das nächste Löffelchen oder den ausgespuckten Brei. Auch die gut inszenierten Flugzeug-fliegt-in-den-Mund-Demonstrationen kann man sich sparen. Dadurch entwickelt das Kind ein gesundes, positives Verhältnis zum Essen. Denn idealerweise essen wir nicht, weil jemand anders das will oder weil wir dadurch Aufmerksamkeit bekommen, sondern weil wir Hunger haben und das Essen genießen.
  4. Natürliches Hungergefühl: Durch das selbstbestimmte Essen kann ein Baby auch dann aufhören, Nahrung zu schlucken, wenn es satt ist. Denn auch Babys haben ein natürliches Sättigungsgefühl, das durch Brei-Füttern leider oft übergangen wird. Denn „die drei Löffelchen“ könnte das Baby doch noch essen, dann wäre das Glas leer…
  5. Fördert Feinmotorik: Wenn ein Baby mit 6 Monaten beginnt, selbst zu essen, hat es meist schon grobe koordinatorische Fähigkeiten entwickelt. So kann es große Sachen greifen und Richtung Mund führen. Diese Bewegung ist anfangs allerdings noch sehr unbeholfen und viel landet eben nicht im Mund, sondern irgendwo daneben. Breifrei essende Kinder können diese Hand-Mund-Koordination sowie das feinmotorische Greifen täglich üben – ganz ohne Unterstützung von Eltern oder Spielzeug.
  6. Natürliche Entwicklung: So wie jedes Baby irgendwann lernt zu laufen, ist auch das Aufnehmen von Nahrung ein Lernprozess, der ganz natürlich vorprogrammiert ist. Babys und Kinder möchten nachahmen sowie lernen. Bei Baby Led Weaning dürfen sie diese Fähigkeit eigenständig und vor allem im eigenen Tempo entwickeln. Das ermöglicht es einem Kind, mit Frustration umgehen zu lernen, Erfolgserlebnisse zu haben und Selbstvertrauen zu entwickeln.
  7. Entwicklung der Muskulatur: Den Mund öffnen und Brei Schlucken erfordert nicht viele Fähigkeiten. Lebensmittel mit der Zunge im Mund zurechtzuschieben, mit oder ohne Zähne zu zerkleinern und nur dann zu schlucken, wenn sie klein genug sind, dagegen schon. Dadurch wird die Muskulatur im ganzen Kieferbereich trainiert und geschult. Das fördert unter anderem auch die sprachlichen Fähigkeiten und Entwicklung.
  8. Förderung der kognitiven Entwicklung: Im Gegensatz zum Gefüttert werden mit Brei, bietet Baby Led Weaning vielfältige optische, haptische, motorische und geschmackliche Anreize. Nach und nach lernt ein Baby, die Nahrungsmittel optisch zu erkennen – denn jedes sieht anders aus. Es lernt, wie wir sie nennen und versucht irgendwann, diese Namen zu wiederholen. Auch darf es die Beschaffenheit der Lebensmittel mit den Händen und dem Mund untersuchen und feststellen, dass jedes anders schmeckt und eine unterschiedliche Konsistenz hat. All diese Reize hinterlassen Synapsen im Gehirn.
  9. Prägung des Geschmackssinns: Als Erwachsene essen wir meist überwiegend das, was wir in der Kindheit kennengelernt haben. Dieser Prozess nennt sich Prägung und ist evolutionär sinnvoll: So können gesunde Ernährungsgewohnheiten von Generation zu Generation weitergegeben und zum Vorteil genutzt werden. Ein Großteil dieser geschmacklichen Prägung findet in den ersten Lebensjahren statt. Deshalb versuchen viele Eltern, ihre Kinder in dieser Zeit möglichst viele Geschmacksrichtungen und Lebensmittel probieren zu lassen. Denn umso ausgewogener werden sich diese später ernähren.
  10. Essen macht Spaß: Das klingt vielleicht banal und wir vergessen es manchmal, aber Essen macht eigentlich auch Spaß. Vor allem einem Baby, das experimentieren darf. Was das nun für einen Vorteil bringt? Keinen. Wenn ein Vorteil immer auf Entwicklung und das spätere Leben bezogen ist. Allerdings darf man nicht vergessen, dass Babys und Kinder vor allem im Hier und Jetzt leben und ein Recht auf eine schöne, unbeschwerte Kindheit haben.

Wer jetzt Lust bekommen hat, diese Art der Beikosteinführung auch mit seinem Baby auszuprobieren oder weitere Informationen sucht, der kann sich auf der Seite Babyled-weaning.de intensiver belesen. Ich freue mich auf euren Besuch!

Ein Gastartikel von Johanna Bose

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